Neubürger beschimpfen Bürgermeister
Noch so ein Zuzügler, der sich exakt an der Staatsstraße 2069 im Gilchinger Ortsteil Argelsried ein Grundstück kaufte, sich ein Haus darauf baute und einzog. Kaum die Füße auf bayerischen Boden gesetzt, fing der Familienvater auch schon an zu stänkern. Insbesondere monierte er die vielen Autos, die seit Jahrzehnten zwischen Starnberg und Fürstenfeldbruck verkehren. Zur Höchstform aber lief die Familie auf, als ihr kleiner Sohn fast einem Verkehrsunfall zum Opfer gefallen wäre. Nein, nicht die Autos waren schuld, sondern die Mutter, die ihren Zweijährigen auf einem Laufrad beim Bäcker Rackl über die Staatsstraße vorschickte, um selbst mit Kinderwagen und Hund an der Leine nachzukommen. Wohlgemerkt, in der Hauptverkehrszeit. Während die Autos Richtung Marktplatz wegen Stau standen, konnte der Gegenverkehr langsam voran kommen. Zum Glück für den Kleinen, dass langsam, denn der Crash mit einem Mercedesfahrer endete glimpflich. Statt froh zu sein, dass nicht mehr passiert ist und sich beim Mercedesfahrer für seine vorausschauende Art zu fahren zu bedanken, setzten sich Mama und Papa zu Hause hin und malten ein großes Schild mit der Aufschrift: „Gemeinde bitte töte unsere Kinder nicht. Bitte Ampel!“ Das stand nun für jedermann*frau gut sichtbar am Gartenzaun der Neubürger.
Das aber wiederum ärgerte Bürgermeister Manfred Walter. „Ich halte das für über die Grenze des guten Geschmacks hinausgeschossen. So etwas möchte ich in unserer Gemeinde nicht sehen“, schimpfte er in einer damaligen Ratssitzung. Da zögen Neubürger an eine Staatsstraße, unterhalb der Einflugschneise zum Flughafens, in die Nähe der Autobahn und eines wachsenden Gewerbegebietes und dorthin, wo demnächst auch noch ein Bullenstall errichtet werden soll; und dann so etwas. Mehr noch ärgerte er sich, weil er den Beschwerdeführern bereits mehrmals erklärt hatte, dass einer Kommune bei einer Staatsstraße die Hände gebunden seien und auch nicht berechtigt, Ampeln zu errichten, die Familie aber unzugänglich für sachliche Argumente gewesen sei. Ein zweites Schild war die Antwort:
Da sich die Neubürger mittlerweile auch mit einigen Nachbarn angelegt hatten, zogen sie es schon nach kurzer Wohndauer vor, unbekannt zu verziehen. Inzwischen wurde die Staatsstraße zu einer Gemeindestraße herabgestuft – was seit Jahren nach Fertigstellung der Westumgehung auch so geplant war – und bekam auf Höhe der ehemaligen Häuslebauer eine Ampel. Uli Singer