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Ehrenamtliche sehen sich in ihrer Arbeit mit Asylbewerbern alleine gelassen

In Gilchings Unterkunft werden künftig über 200 Asylbewerber untergebracht

Gilching – Der Verzweiflung nahe sind Eva Ott und Andrea Heisel vom Helferkreis Asyl in Gilching. In der Ausschusssitzung Soziales berichteten sie am Montag über die aktuelle Lage in Punkto Asylbewerber beziehungsweise Erweiterung der Containeranlage Landsberger Straße. Ott machte deutlich, dass die letzten Ehrenamtlichen, die sich noch um die Geflüchteten kümmern, seitens der Regierung aber auch der Gemeinde alleine gelassen werden.    


Seit vielen Jahren schon kümmern sich Ehrenamtliche unter Federführung von Eva Ott um die Geflüchteten, zuletzt vorwiegend um die Bewohner der Container-Anlage an der Landsberger Straße. „Derzeit leben dort 98 Personen, davon 17 Familien mit insgesamt 47 Kindern sowie 17 alleinstehende Männer“, erklärte Ott. Dazu komme jetzt eine neue Container-Anlage in Modul-Bauweise für weitere 114 Bewohner.

Ott (Foto) kritisierte insbesondere, dass so eine Einheit aus drei kleinen Zimmern, für je einen Bewohner, plus Gemeinschafts-Küche mit Nasszelle bestehe. „Es gibt keinerlei Rückzugsmöglichkeit. Auch nicht für Kinder, um ihre Hausaufgaben zu machen. Streit ist vorprogrammiert, wenn so ein Modul von drei Personen bezogen wird, die keine familiäre Bindung zueinander haben.“ Im Übrigen monierte sie, dass es im Landkreis bald keine Beratungsstellen mehr für die Asylbewerber geben wird, da die AWO, die dies bisher übernommen hatte, nun abgesprungen sei.

An Bürgermeister Manfred Walter appellierte sie deshalb, zu überlegen, inwieweit die Gemeinde Sozialpädagogen einsetzen könne, um die geflüchteten Menschen nicht im Chaos sitzen zu lassen. „Wir Asylhelfer können es nicht mehr leisten, da wir nur noch zu zweit sind. Es ist auch keine Sache auf die nächsten zwei Jahre. So, wie es jetzt aussieht, wird dieser Zustand noch Jahre anhalten.“

Heftigen Widerspruch jedoch leistete Bürgermeister Manfred Walter. „Es ist nicht unsere Aufgabe, sondern die des Freistaates und des Bundes. Die müssen sich um die Geflüchteten kümmern. Wir haben genug damit zu tun, unsere Kraft, unser Personal und unser Geld für unsere Aufgaben einzusetzen. Und das werde ich der Regierung gegenüber auch vehement vertreten. Es wird auch noch schlimmer werden, weil überall Personal für Beratungsaufgaben fehlen wird. Das liegt auch mit daran, dass immer mehr Menschen weniger arbeiten wollen, es aber immer mehr Menschen gibt, die Leistungen beziehen“, prophezeite der Rathauschef. 

Unverständnis bei Andrea Heisel. „Wenn man will, dass die Menschen integriert werden, dann brauchen sie Beratung und da sehe ich auch die Gemeinde in der Pflicht. Es geht hier um Menschen, von denen viele auf Dauer bleiben. Darunter auch Südosteuropäer und Ukrainer. Und die brauchen alle eine Stelle, wo sie sich bei Fragen hinwenden können.“ Einzig Peter Unger (Grüne) sprang den Asylhelfern zur Seite. In Punkto Rückzugsmöglichkeit für Kinder betonte er. „Es geht einfach nicht, dass wir sagen, das geht uns nichts an und es dann auf dem Rücken junger Menschen austragen.“ Generell zum Thema Beratung regte er an: „Es könnten sich doch die 14 Landkreisgemeinden zusammentun und eine Beratungsstelle vorhalten. Jeder schiebt hier die Verantwortung weiter. Lösungsorientiert ist das nicht.“

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Uli Singer

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Ein Kommentar

  1. LESERBRIEF von Christiane Schmidt/Gauting
    Feelings

    Danke @Eva Ott und @Andrea Heisel für euren unermüdlichen Einsatz.

    Ich würde gerne einige Punkte aus mehrjähriger Erfahrung mit ehrenamtlicher Asylhilfe in Gauting ergänzen, da sich die Situation in Gauting und vielen Gemeinden des Landkreises ähnlich darstellt.

    Ich denke, wir wären alle mehr als froh, wenn weniger Geflüchtete zu uns kämen, vor allem jene, die statt Asylgründen eher auf der Suche nach einem besseren Leben sind…

    Solange die Politik dies nicht bewerkstelligen kann oder will, sollten wir in den Gemeinden ein originäres Interesse daran haben, dass Geflüchteten, die aufgrund der langwierigen Verfahren für Jahre, wenn nicht für immer bei uns sein werden, möglichst schnell in Schule, Ausbildung und Arbeit integriert werden, den wer den ganzen Tag zur Untätigkeit in den verschiedenen Unterkünften verdammt ist, verliert nicht nur Motivation, sondern kommt gerne auch auf sonstige dumme Gedanken.

    Bzgl. der Integration gibt es aus meiner Sicht verschiedene wichtige Punkte, die nur durch einer effizienten Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Landratsamt, Gemeinden, Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen bewältigt werden können. Dies sind

    1. Kinder zwischen 3 und 6 Jahren benötigen einen Kindergartenplatz, damit sie Deutsch lernen und erfolgreich die Grundschule besuchen können

    2. Kinder zwischen 6 und 10 Jahren benötigen gezielte Deutschförderung, damit sie dem Stoff folgen können… sonst haben wir die Schulversager der Zukunft, die ohne Abschluss im Bürgergeld landen.

    3. Jugendliche ab 16 benötigen einen Platz in der Berufsschule, damit sie mind. den Mittelschulabschluß erwerben können und die Chance in eine Ausbildung zu starten…

    => auf all dies können wir aus Mangel an Kapazitäten verzichten, dass wäre aber sehr kurzsichtig, weil wir uns damit die Problemfälle der Zukunft (Orientierungslos, arbeitslos und im Bürgergeld) heranziehen.

    4. Die Erwachsenen sollten sehr zeitnah einen Integrationskurs besuchen, damit sie schnell das B1 Niveau erreichen und damit eine Chance auf Arbeit haben, ihr eigenes Geld verdienen und nicht dem Sozialsystem auf der Tasche liegen.

    5. Arbeit und Ausbildung: nach einer hohen zweistelligen Zahl von überwiegend erfolglosen Bewerbungen (zum Teil Bewerber mit Abitur oder Studium im Heimatland und überwiegend schon sehr ordentlichen Deutschkenntnissen) halte ich die Mär vom Fach- bzw. Arbeitskräftemangel inzwischen für widerlegt… hier braucht es deutlich mehr Offenheit der Betriebe, damit es auch Arbeits- und Ausbildungsplätze außerhalb des Reinigungssektors gibt.
    Und hier noch der Hinweis: Intensive Betreuung ist hier notwendig und Personen im Asylverfahren bekommen hier keinerlei Unterstützung von Jobcenter oder Arbeitsagentur…

    Und sind wir ehrlich, unser System ist scheiß kompliziert, selbst für Deutsche mit Hochschulabschluss… Kaum einem Geflüchteten oder Migranten war klar, auf was er sich bei uns einlassen wird… das ist leider so… und alleine können sie das System und seine Anforderungen in keinem Fall bewältigen
    Es bedeutet aber auch, dass es nur mit sehr viel Hilfe von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen gehen wird…
    Leider sind beide Gruppen ein extrem knappes Gut….
    Ich denke aber es wäre mehr als kurzfristig hier zu sparen… in diesem Sinne wünsche ich Gilching und auch den anderen Gemeinden zusätzliche Ehren- und Hauptamtliche Unterstützung, um diese Herausforderungen zu meistern.
    Christiane Schmidt

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