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Peter Unger – Bayerns erster Grünen-Gemeinderat zieht Bilanz

Der 79Jährige sitzt seit 47 Jahren im Gilchinger Ratsgremium

Gilching – Wer hätte das gedacht. Gilchings Grünen-Gemeinderat Peter Unger trat bei den Kommunalwahlen 1978 als Kandidat der SPD an und schaffte auf Anhieb auch den Einzug ins kommunale Gremium. Nach knapp einem Jahr jedoch gab es diverse Meinungsverschiedenheiten in Punkto Bodenpolitik. Unger verabschiedete sich von den Sozialdemokraten, engagierte sich stattdessen beim Aufbau der Grünen und wurde Bayerns erster Grünen-Gemeinderat.


Geboren wurde Peter Unger im Dezember 1944 als Peter Wurm. Die Mama Klara war eine von 13 Geschwistern aus der Gärtnerei Wurm am Steinberg. Klara Unger hatte sich noch während der Kriegszeiten in einen griechischen Zwangsarbeiter verliebt, der zwar der Vater von Peter Unger ist, jedoch nach Kriegsende verschwunden war. „Nein, ich habe weder ein Foto von ihm, noch haben wir später Kontakt zu ihm herstellen können. Für die Mama war dies eine schlimme Zeit und auch ich habe es zu spüren bekommen, dass ich das Kind eines Zwangsarbeiters bin.“ Die erste Klasse absolvierte Peter Wurm noch in Gilching. Als Siebenjähriger zog er dann mit der Mutter, die mittlerweile geheiratet hatte, zum Stiefvater nach Regensburg und hieß ab sofort Peter Unger. In Regensburg machte er eine Gärtner-Lehre und zog danach zurück nach Gilching, um in der Gärtnerei Wurm anzufangen. Doch das Schicksal schlug erbarmungslos zu.  

Man schrieb das Jahr 1964. Unger war gerade einmal 19 Jahre alt, als er mit seinem Motorrad, einer „frisierten Kreidler Florett“, einen schweren Unfall baute. „Ich sprang dem Tod gerade noch von der Schippe, lag aber für zwei Jahre im Krankenhaus.“ Geblieben ist eine kaputte rechte Körperhälfte, so dass auch der rechter Arm nicht mehr genutzt werden kann. Der Gärtnerberuf musste an den Nagel gehängt werden. „Ich schulte zum Industriekaufmann um, machte die IHK-Prüfung und fing beim DLR im Institut für Satelliten-Elektronik an.“ Es war auch nur ein Frage der Zeit, bis er beim DLR in den Betriebsrat und zum Vertrauensmann für Schwerbehinderte gewählt wurde.

Politisch begann sich Peter Unger ab 1975 zu engagieren. Er wohnte seinerzeit in einer Wohnung des Zweckverbandes für sozialen Wohnungsbau am Gernholzweg in Gilching. „Da gab es ein Verbot, dass Kinder nicht auf den Rasen durften“, erzählt Unger. Für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb er sich mit Zweckverband anlegte und versuchte, das Verbot ad absurdum zu führen. „Es war sehr schwierig, aber ich hab es dann doch geschafft. Damit war mein Einstieg in die Politik besiegelt.“

Vorrangiges Ziel sei es nun gewesen, durch ein politisches Amt auch Einfluss auf wichtige Entscheidungen in der Gemeinde zu nehmen. Da sich die SPD zudem soziale Themen auf die Fahne geschrieben hatte, klopfte Unger dort an, wurde aufgenommen und auch gleich bei den Kommunalwahlen 1978 als Kandidat aufgestellt. Als SPDler schaffte er so den Sprung ins Gilchinger Rats-Gremium. Die Ernüchterung folgte auf den Fuß. Als er sich nämlich vehement für eine soziale Bodenpolitik stark machte und auch gleich noch einen entsprechenden Antrag stellte, bröckelte auch schon die Unterstützung seitens der Genossen.

„Ich hatte die Idee, dass Großgrundbesitzer, deren Land in Bauland umgewandelt wird, einen Teil der Grundstücke der Gemeinde kostenfrei oder zumindest günstig für sozialen Wohnungsbau überlassen. Für mich war dies selbstverständlich, da viele dieser Grundstücke ohne Zutun der Besitzer an Wert gestiegen waren. Dies war aber nur möglich, weil die Kommune für eine gute Infrastruktur sorgte, die wiederum durch Steuergelder finanziert wurde.“

Wie gesagt, die SPD zog nicht mit, vielmehr habe SPD-Mitglied Helmut Krumbholz einen bitterbösen Leserbrief gegen Unger geschrieben. Als „utopisch“ und „gesetzeswidrig“ nannten die Genossen Ungers Bestrebungen. Unger trat bereits 1979 wieder aus der SPD aus und saß vorerst nun als Parteifreier, jedoch schon mit Blick auf eine neue Gruppierung, die sich „Sonstige politische Vereinigung“ nannte, im Gilchinger Ratsgremium. Die Öko-Partei der späteren „Grünen“ war damals noch ein kleines Pflänzchen, wurde aber dann, unter anderem mit Unterstützung von Unger, massiv angeschoben. „Ich hatte ein Flugblatt der Vorläufer der Grünen in die Hand bekommen und sah sofort, dass die wesentlichen Punkte, die da aufgeführt waren, für mich passten.“

1979 wurde der Bayerische Landesverband der Grünen aus der Taufe gehoben, 1980 reiste Unger als Delegierter nach Karlsruhe, um dort die Bundespartei der Grünen mit zu gründen. Bis zur Kommunalwahl 1984 saß er nun als Bayerns erster und einziger „Grüner“ und als Einzelkämpfer im Gemeinderat. „Ich hatte mir aber zum Ziel gesetzt, in jeder Sitzung einen Antrag zu stellen“, betont Unger. „Der Sinn lag darin, dass sich das Gremium nun mit den grünen Inhalten beschäftigen musste, darüber oft auch heftig debattierte und so unsere grünen Themen öffentlich wurden. Das war uns wichtig.“


Unger kandidiert fürs Bürgermeister-Amt

Im Jahr 2008 kandierte der langjährige Gemeinde- und Kreisrat für das Amt des Bürgermeister. Mit im Kandidaten-Boot saßen noch Manfred Walter (SPD) und Michael Hauser (CSU), die den amtierenden Rathauschef Thomas Reich (FWG) vom Sockel stoßen wollten. Für Begeisterung sorgte seinerzeit Ungers Wahlplakat, das im Verhältnis zu den etwas langweiligen Postern der Mitstreiter mit einer gehörigen Portion Humor unterlegt war. Genutzt hat es nichts, das Rennen machte Manfred Walter.

Was der heute 79Jährige unter anderem noch mit angeschoben hat, war die Gründung der „Kommunalpolitischen Vereinigung der Grünen“, „die bis heute sehr erfolgreich ist“, freut sich Unger. Innerhalb dieser Vereinigung sammeln findige Grüne Ideen für Anträge, die sie dann professionell ausarbeiten und in einem Pool für alle Grünen-Gemeinderäte zur Verfügung stellen.


An zwei Unger-Anträge erinnern sich viele Gilchinger auch heute noch. Zum einen beantragte Unger im Jahr 2004, die Kanaldeckel in der Gemeinde als Werbefläche zu vermieten, um so die Haushaltskasse der Kommune aufzubessern. Ein weiterer Antrag beschäftigte das Gremium ein Jahr später. Unger plädierte für die Einrichtung von „Speakers Corners“ im Ortszentrum. Wie schon die Kanaldeckel wurde auch Speakers Corners abgelehnt.

Plant nun Peter Unger, die 50 Jahre im Gemeinderat noch voll zu machen, dann müsste er bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 2026 noch einmal kandidieren. „Ob ich dazu bereit bin, das weiß ich wirklich noch nicht. Es kommt auch darauf an, wie es mir gesundheitlich geht. Man sollte zwar niemals nie sagen, aber Ja sagen kann ich heute auch noch nicht“, sagt Peter Unger.


Uli Singer

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