Neue Herausforderungen anzunehmen – auch im Alter – hält den Geist wach und den Körper fit
🌟 Lesergeschichten – Mut zum ersten Schritt 🌟
Es ist nie zu spät, sich selbst neu zu entdecken. In unsere Serie „Lesergeschichten“ erzählen Menschen, wie sie im fortgeschrittenen Alter den Mut gefunden haben, etwas Neues zu wagen – nicht spektakulär, aber bedeutsam. Denn manchmal beginnt ein Neuanfang mit einer kleinen Entscheidung: eine Kurzgeschichte zu schreiben, einem Chor beizutreten oder – wie Oliver Kübrich in unserer ersten Geschichte erzählt – sich ein Pedelec zuzulegen und die eigene Heimat zu erkunden.
Diese Geschichten sind keine Heldensagen, sondern stille Zeugnisse von Lebensfreude, Neugier und dem Wunsch, nicht stehenzubleiben. Sie zeigen, dass jeder Tag die Chance birgt, sich selbst zu überraschen.
Lassen Sie sich inspirieren – vielleicht beginnt Ihr eigener Neuanfang genau hier.
Vom Stubenhocker zum Pedelec-Enthusiasten – neue Spannung in meinem Leben
Von Oliver Kübrich (72)
Gilching – Einst war ich Spezialist für Bits und Bytes, heute bin ich Hobby-Experte für Ritzel und Kilometer. Hier ist die unerwartete Geschichte meiner späten Liebe – zur Bewegung und zur Technik auf zwei Rädern.
Mein altes Leben und der unerwartete Wandel

Mein Leben in der EDV-Branche war immer von körperlichem Stillstand geprägt. Stundenlanges Sitzen vor dem Bildschirm war oft der Normalzustand. Ich war der klassische „Stubenhocker“: Ich hatte keine Zeit, keine Lust für Sport, mein Fokus lag ganz auf der digitalen Welt. Sport war etwas für andere – für diejenigen, die wahrscheinlich fitter waren als ich.
Doch irgendwann schlich sich das Gefühl ein, dass diese Lebensform nicht besonders zukunftsfähig und gar nicht gesund ist. Mein körperliches Befinden verlangte nach einem Ausgleich, nach einem Ventil zur Entspannung. Die Erkenntnis war da: Sport ist wichtig. Aber wie sollte ich anfangen, wenn schon der Gedanke an Jogging Schweißausbrüche verursachte?
Der Wendepunkt: Die technologische Offenbarung
Die Lösung fand sich in der perfekten Kombination aus Bewegung und Technologie: dem Pedelec.
Für mich als Technik-Freak war dies die geniale Idee. Plötzlich war Sport nicht nur gesund, sondern auch faszinierend. Ich habe einen Bericht im Fernsehen gesehen, dass Pedelec-Fahren genauso gesund sein kann ist wie normales Radfahren. Es senkt die Einstiegshürde, da die Motorunterstützung eine konstante, niedrigere Belastung möglich macht
Mein Projekt: Vom alten Drahtesel zum High-Tech-Pedelec
Die naheliegende Option wäre der Kauf eines fertigen Pedelecs gewesen. Aber als Technik-Begeisterter gab es für mich nur einen Weg: Selber bauen.
Der Reiz des Selberbauens war unschlagbar. Wieder eine neue Herausforderung, evtl. eine Kostenersparnis und vor allem die Möglichkeit, das Gerät bis ins kleinste Detail zu optimieren, lockten mich mehr als jedes fertige Modell. Die Basis fand ich im Keller: ein altes, ungenutztes Normalfahrrad, das jahrelang Staub angesetzt hatte und überhaupt nicht mehr attraktiv.
Nun wurde es schwierig: die Auswahl des Umbausatzes. Motortyp, Akkuleistung, Controller-Programmierung. Oberste Priorität hatte aber die gesetzliche Konformität, um ein legales, sicheres Pedelec zu schaffen. Denn die Vorschiften für die Nutzung eines Pedelecs sind streng und müssen eingehalten werden, um nicht illegal unterwegs zu sein.

Die handwerkliche Umsetzung war ein Abenteuer: Schrauben, montieren, Kabel verlegen – es war schon eine Herausforderung: Ich baue mir mein eigenes E—Bike. Oder besser gesagt: Pedelec. Alte, traditionelle Fahrradtechnik, ein mechanisches System zu verstehen und es mit moderner Mechanik und Elektronik zu optimieren, hat Spaß gemacht.
Das Ergebnis war mein maßgeschneidertes Pedelec aus eigener Hand – eine Zusammenstellung aus alter Mechanik und neuer Technik. Der Umstieg war geschafft. Ich war bereit, als neuer Hobbyexperte für Ritzel und Kilometer meine nähere und weitere Umgebung zu er“fahren“. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Meine erste Fahrt: Ein neues Leben auf zwei Rädern
Der Moment, als mein selbstgebautes Pedelec zum ersten Mal auf die Straße rollte, war ein sehr interessantes Erlebnis. So wie die erste Fahrt auf meinem Moped: „Zündapp Kombinette“. Nur eben ohne Zweitakt-Benzingestank und ewig verstopftem Vergaser. Das fast lautlose Dahinrollen auf dem Pedelec und der unkomplzierte Einstieg erlaubte es mir, die Umgebung besser wahrzunehmen – Gerüche, Geräusche, das wechselnde Licht – anstatt mich nur auf den Schmerz in den Beinen zu konzentrieren wie bei früheren Radfahrten.
Die Reichweite veränderte sich drastisch. Hügel wurden plötzlich Ebenen, die ich mühelos fahren konnte. Plötzlich wurden nicht nur die Wege zum Bäcker, sondern auch die 10 Kilometer zum nächsten Baumarkt zu einer sehr einfach und gerne zu bewältigenden Aufgabe.
Das neue Gefühl: Gesundheit, Umwelt und das unerwartete Hochgefühl
Der Wandel ist messbar und hat weit über meine eigene Fitness hinaus positive Effekte:
Gesundheit: Das regelmäßige Treten hält meinen Puls konstant im optimalen Bereich. Der körperliche Ausgleich zum sitzenden Job ist sofort spürbar. Die regelmässige Nachmittagsmüdigkeit schwindet, ersetzt durch einen klaren Kopf und eine überraschende neue Energie und Lust in die Pedale zu treten.
Ökonomie & Ökologie: Mein Auto bleibt sehr oft stehen. Das Pedelec wurde zum bevorzugten Verkehrsmittel und gibt mir ein gutes Gefühl, einen aktiven Beitrag zur Verkehrswende zu leisten. Und das zu fast schon lächerlich niedrigen Betriebskosten: Der Verbrauch des Akkus ist minimal. Hochgerechnet auf die Distanz kosten mich 100 Kilometer Fahrt nur ca. 0,15 Euro (15 Cent) – im Vergleich zu den Benzinkosten eine Sensation. Ich schone damit nicht nur die Umwelt, sondern auch meinen Geldbeutel. Und es macht auch noch riesig Spaß.
Der Spaßfaktor: Das unerwartete Erlebnis war die schiere Freude am Fahren. Das Gefühl von Wind und Geschwindigkeit (maximal 25 km mit Motorunterstützung) , die neu entdeckte Unabhängigkeit und die Kontrolle über mein selbstgebautes High-Tech-Gefährt – es ist ein fast kindliches Hochgefühl., das nur wenige digitale Projekte bieten können.
Das neue Hobby ist nachhaltig
Mein Weg vom überzeugten Stubenhocker zum begeisterten Pedelec-Fahrer war ein technologisches Projekt und eine persönliche Revolution. Das Pedelec ist für mich nicht nur ein Fortbewegungsmittel, es ist der perfekte technologische Partner im Kampf gegen den Bewegungsmangel. Und macht Spaß, die Technik zu testen und zu perfektionieren
Es bewies, dass man auch spät im Leben eine große Leidenschaft finden kann – und dass Technik, die mich oft an den Schreibtisch verbannt hat, auch der Schlüssel zur Freiheit und Bewegung sein kann. Der ehemalige Experte für Bits und Bytes ist jetzt im Sattel. Und ich habe nicht vor, abzusteigen.
Fortsetzung folgt….