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Rosmarie Brosigs Lebkuchen-Odyssee

Gilching anno 2025 - Eine allzu wahre Weihnachtsgeschichte

LESERGESCHICHTE:

Geisenbrunn – Man kennt sie: Rosmarie Brosig aus dem Guichinger Ortsteil Geisenbrunn, 70 Jahre jung und im Herzen eine Mischung aus Weihnachtsengel und bayerischer Freiheitskämpferin. Und sie pflegt schon seit Jahren jeweils zur Weihnachtszeit einen lieb gewordenen Brauch. „Ja, ich habe ja Freunde in Boston. Und seit vielen Jahren schicke ich diesen ein Paket mit Original Nürnberger Lebkuchen, etwas Marzipan und einem Stollen. Und die freuen sich jedes Mal über diese bayerischen Spezialitäten wie Schneekönige. Und das wuederum freut mich.“


Akt 1: Die Reise der Hoffnung

Auch heuer bestellte Rosmarie Brosig direkt in der Lebkuchenfabrik in Nürnberg verschiedene Lebkuchen, einen Stollen und Marzipan. Vorsichtig verpackt sie die Präsente liebevoll und gut gerüstet für den Transport nach Übersee ein und fährt, das Paket aufm Radl, zur Poststation im ehemaligen Edeka am Bahnhof Gilching-Argelsried.
„Was muss ich denn zolltechnisch angeben?“, fragt sie den freundlichen Postbeamten.

„Ha! A Klacks“, sagt der. „22 Euro Porto. Fröhliche Weihnachten!“ Der nette Herr sucht ihr sogar noch aus einem dicken Buch mit lauter Zahlen eine Nummer heraus, die sie zwecks dem Zoll aufs Paket schreiben musste. Frohen Mutes verlässt Rosmarie Brosig die Poststation – und wartet auf eine Nachricht der Freunde aus Boston.

Zwei Wochen – und statt einer Mail mit Dank über das Päckchen klingelt bei Brosigs in Geisenbrunn der Postbote. „Paket für sie. Sieht aber aus, als wäre es eine Rücksendung.“ Das nicht geöffnete Paket hatte lediglich einen Aufkleber mit einer Nachricht, die so ähnlich lautete, wie „Zollnummer unzutreffend“…???

Akt 2: Die große Mission

Aufgeben? Rosmarie? Nie und nimmer. „Da gab es doch in Nürnberg einen Direktverschick-Service der Lebkuchenfabrik“, erinnerte sie sich. Dazu aber müsste sie direkt in die Heimatstadt von Peter Henlein fahren, dem Erfinder der ersten tragbaren Uhr, des so genannten „Nürnberger Ei“.

„Schön, dann auf nach Nürnberg“, freute sich Brosig unter anderem auf einen Bummel durch den berühmten Handwerkerhof. Bahnkarte gelöst und den richtigen Zug genommen – und schon geht es ab ins Fränkische. Rund zwei Stunden dauert es, doch die Reise hat sich gelohnt. Das Wetter passt, die Menschen sind in Vorweihnachtsfreude und die vielen Schaufenster mit Nürnberger Spezialitäten machen einfach Lust auf mehr. Erst aber die Service-Stelle mit dem Postversand Richtung USA erkunden und – aus Fehlern lernt man – erst mal nachfragen, welche Lebkuchen in die USA verschickt werden dürfen und welche Nürnberger Spezialitäten eher im Lande bleiben sollten.

Akt 3: Die zweite Chance

„Wie? Was? Der Service wurde eingestellt? Und, was mach‘ ich jetzt?“ – Immerhin erfährt Brosig vom freundlichen Service-Personal exakt, welche Zollnummer sie für welche Lebkuchen – richtet sich nach dem Inhalt der Backware – angeben muss. Im historischen Handwerkerhof kauft sie entsprechend der Vorgaben die passenden Lebkuchen, packt sie in ihre Tasche und macht sich per Eisenbahn wieder auf den Rückweg.

Zurück in Geisenbrunn wird erneut liebevoll ein weihnachtliches Päckchen versandfertig und auf die Post gebracht. Warum genau weiß sie nicht, doch dieses Mal kostet sie der Spaß rund 50 Euro Porto… Insgesamt sind es mittlerweile schon 70 Euro Porto.

„Schaungs, aber jetzt passt ois. Des Packerl kimmt bestimmt no rechtzeitig vor Weihnachten in Boston an. Und de Freid, de de Amis dann ham, macht doch die hohen Portokosten wieder wett“, gibt ihr der Postbeamte mit auf den Heimweg.

Akt 4: Der finale Schlag

Zwei Wochen später:

Rums. Das Paket liegt vor der Türe. Geöffnet und neu verpackt. Und wieder war es die Zollnummer, die angeblich nicht gestimmt hat. Rosmarie starrt auf das Paket – das Paket aber starrt zurück. So jedenfalls empfindet es die ratlose Zweifachoma. Und in diesem Moment beschließen beide: Es reicht!

Rosmarie fällt einen finalen Schluss. „Die überflüssigen Lebkuchen verschenke ich jetzt an Freunde und Nachbarn. Meine Freunde aber in Boston gehen heuer leer aus. Im nächsten Jahr starte ich dann erneut. Doch die Lebkuchen versende ich weder durch einen Service noch durch die Post. Im nächsten Jahr packe ich meine Lebkuchen in einen Koffer und fliege höchstpersönlich nach Boston.

Und was sagen die Freunde zu einem Lebkuchenarmen Weihnachten? Sie haben sich längst einen Schild mit der Aufschrift „The year when the gingerbread tried to cross the border… twice!“ machen lassen. Das wird dann aufgehängt, wenn Rosmarie Brosig mit einem Koffer voll Lebkuchen in Bosten eintrifft und sich die Freunde unterm Weihnachtsbaum die Geschichte von der Lebkuchen-Odyssee erzählen.

Nacherzählt: Uli Singer


Uli Singer

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