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Vom Klopapierfabrikanten zum erfolgreichen Verleger

Zum Wochenende eine Geschichte für unsere jungen Leser

Wisst Ihr eigentlich, was man aus einer gelesenen Zeitung alles machen kann? Klar, in die Papiertonne schmeißen, würdet Ihr jetzt sagen. Nein, da gibt es noch ganz andere Möglichkeiten. Man kann die mit Nachrichten und Sensationen bedruckten Blätter beispielsweise zum Falten von Papierhütchen, Schiffchen, Himmel und Hölle, phantasievollen Kunstwerken, zum Einwickeln von Steckerlfischen oder aber auch für die Herstellung von Toilettenpapier verwenden. Ups. Klopapier aus einer Zeitung? Ihr schüttelt ungläubig Eure klugen Köpfchen? Nun hört mal gut zu, was ich Euch zu erzählen habe:

Mit Sicherheit erinnert Ihr Euch alle noch an den Beginn der Corona-Pandemie im März 2020. Plötzlich hatten alle Menschen Angst, Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände könnten zur Neige gehen, Kaufhäuser und Supermärkte ihre Geschäfte schließen. Weshalb sie sich wie von Sinnen zu Hamsterkäufen verleiten ließen. Hamsterkäufe deshalb, weil die Menschen, wie auch die niedlichen kleinen Hamster, so viel als möglich Vorräte hamstern und diese in ihre Einkaufstaschen packen. Hamster haben dazu ihre Backen, die sie bis zum Bersten vollstopfen. Was Hamster aber nicht brauchen, von den ängstlichen Menschen aber sehr schnell zur Mangelware erklärt wurde, war das Klopapier. In den Supermärkten fanden regelrechte Gefechte um die letzte Rolle des zum Schatz erklärten Gegenstandes statt. Fragt doch mal Eure Eltern, ob sie auch für Hamsterkäufe unterwegs waren? Aber nicht verraten, dass Ihr den Tipp von mir habt. Zurück zum Klopapier. Jetzt komme ich zur eigentlichen Geschichte. Die finde ich total spannend. Dass nämlich einer der erfolgreichsten Verleger Deutschlands, Dr. Dirk Ippen, seine Karriere in ganz, ganz jungen Jahren unter anderem mit dem Verkauf von Tabak und – Ihr werdet es kaum glauben – mit dem Handel von Toilettenpapier startete.  

Mein Leben mit Zeitungen

Wie alt denkt Ihr, war Dirk Ippen, als er anfing, Geschäfte zu tätigen? 20? 30? Oder gar schon 40? Weit gefehlt. Er war nicht einmal acht Jahre alt. Da schaut Ihr, was? Doch lasst Euch vom Gründer und erfolgreichen Chef vieler Zeitungen in ganz Deutschland erzählen, wie alles einmal angefangen hat:

„Meine kindlichen eigenen Schritte als „Kaufmann“, wenn man es so nennen wollte, liegen noch vor der Währungsreform 1948. In der Zeit, in der man nichts kaufen konnte, bekam ich ein winziges Stück Gartenland zugeteilt durch die Freundlichkeit unseres Vermieters. Darauf durfte ich anpflanzen, was ich wollte. Ich entschied mich für Tabak, der in Nordwestdeutschland natürlich kaum gedieh. Die Blätter musste ich grün ernten. Zum Trocknen hängte ich sie auf den Dachboden an den Drähten auf. Klein gerieben und in Tütchen aus Zeitungspapier verpackt, verkaufte ich sie in unserer Nachbarschaft. Da lebten Flüchtlinge, Familien mit Männern, die zur Untätigkeit verdammt waren.

„Was Du da hast Junge, ist doch kein Tabak“, meinten sie, aber da es sonst nichts gab, nahmen sie meine Tütchen doch und gaben mir Groschen der wertlosen Reichsmark-Währung dafür.

In gleicher Weise hatte ich auch einen kleinen Handel mit Klopapier, welches es ja ebenfalls nirgendwo zu kaufen gab. Dazu sammelte ich Zeitungen, schnitt sie in kleine Blätter, durch die ein Draht gezogen wurde. So ließ sich am stillen Örtchen ein kleines Päckchen an den Nagel hängen.  

Packpapier für Fischhändler

Nach der Währungsreform, vor allem in der Korea-Krise 1950 war Zeitungspapier knapp und sehr begehrt. Ich sammelte, wo ich konnte, in der ganzen Nachbarschaft alte Zeitungen, machte sie glatt und verkaufte sie zu Kilopaketen gebündelt an einen Fischhändler in der Stadt. Von dem Geld, das ich bekam, ist mir nicht mehr viel in Erinnerung. Wohl aber weiß ich noch, wie gut es mir tat, wenn Händler mich vor den Kunden als fleißigen Jungen lobten, der sich nützlich zu machen weiß.

(Aus „Mein Leben mit Zeitungen“ – erschienen 2019 im Societäts-Verlag)

Uli Singer

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