Eine Leiche im Rollstuhl sorgte in Gilching einst für Aufregung
Gilching – Eine Geschichte, die mehr als makaber klingt, sich jedoch genauso abgespielt hat, wie ich sie heute weitergebe. Erzählt hatte sie einst Hans Ostermair, damals Bürgermeister von Gilching. Verstorben war er im März 2006.
An einen Samstagsnachmittag habe ihn Gemeinderat Helmut Fuchs angerufen und völlig aufgeregt berichtet, dass im Leichenschauhaus a Leich‘ im Rollstuhl sitzt und zum Fenster aussi schaut. Da Fuchs nicht gerade als Spaßmacher bekannt war, insbesondere in so einem Falle nicht, setzte Ostermair alle Hebel in Bewegung, um der Sache nachzugehen. Für ihn blieb nur, nachdem er vor dem Fenster im Leichenschauhaus stand, festzustellen:
„Recht hat er ghabt, der Fuchs.“
Bei der Leiche handelte es sich um einen älteren, spärlich bekleideten Mann, der leicht zusammen gesunken im Rollstuhl saß. Warum, von wem auch immer, die Vorhänge zurückgezogen wurden, ließ sich niemals klären. Ein peinlicher Vorfall. Denn es war Samstagnachmittag und der Friedhof war gut besucht. Nicht auszudenken, wenn einer der Besucher einen Blick ins Leichenschauhaus tun hätte wollen, war sich Ostermair bewusst. Als Bürgermeister wusste er aber auch, wer einen Schlüssel zum Gebäude hat – holte ihn, stürmte ins Innere der Leichenhalle und zog als erstes gleich einmal die Vorhänge zu.
Die Leiche aber im Rollstuhl schob er vorsichtshalber mal an einen sicheren Platz. Problem war jetzt nur, dass am Wochenende weder der für den Gilchinger Friedhof zuständige Bestatter, aber auch sonst kein Beerdigungsinstitut erreichbar war. „Mir blieb also nix anderes übrig, als bis Montag zu warten, die Institute durchzurufen und zu fragen, ob irgendwo eine Leiche vermisst wird.“
Sie wurde vermisst, doch laut des beauftragten Bestatters habe man aber nicht gewusst, wo sie geblieben ist und wo mit der Suche anzufangen sei. Dem Unternehmer war dies sakrisch peinlich. Er räumte Ostermair gegenüber kleinlaut ein, sie hätten am Freitag in München das traditionelle Betriebsfest gehabt, bei dem es auch sehr feuchtfröhlich zugegangen sei. Gegen Mitternacht sei dann der Todesfall gemeldet worden und anders als normal, sollte der Verstorbene schnellstmöglich abgeholt und nach Tuntenhausen gefahren werden, weil dort bereits – es war ein Sonderfall – am Samstag die Bestattung sein sollte.
Doch die rund 40 Trauergäste warteten umsonst. Denn die Fahrer des Bestattungsunternehmen seien halt nicht mehr so nüchtern gewesen, wie sie vorgegeben hatten, räumte der Bestatter ein. Sie hatten sich schlichtweg verfahren und nahmen statt der Ausfahrt nach Tuntenhausen die, die hatten sich angeblich verfahren und weil sie eh etwas in Gilching zu tun hatten, zudem einen Schlüssel für das Gilchinger Leichenschauhaus hatten, lieferten sie den Verstorbenen halt der Einfachheit halber dort ab, berichtete der Bestatter. Da aber für den Verstorbenen weder ein Sarg noch sonst etwas hergerichtet war, blieb den zwei Männern nix anderes übrig, als den Verstorbenen ihn in den Rollstuhl zu setzen. Warum sie zusätzlich den Vorhang aufgezogen hatten, das muss wohl an dem nicht mehr nachvollziehbarem Alkoholkonsum gelegen haben.