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Vor 75 Jahren ging die Berlin-Blockade zu Ende

Damit war auch die Wartung der "Rosinenbomber" in Oberpfaffenhofen zu Ende - Quo vadis hieß es 1949 in Gilching

Oberpfaffenhofen – Wer heute einen Spaziergang rund um den Sonderflughafen Oberpfaffenhofen macht, ist überrascht, welch‘ namhafte Firmen sich mittlerweile angesiedelt haben. Der Standort hat sich trotz jahrelangen Widerstandes seitens einiger Bürgerinitiativen zu einem High-Tech-Zentrum mit internationaler Wertschätzung und rund 8000 Arbeitsplätzen, davon 4000 auf dem Flughafen, entwickelt. Dabei sah es nach Abzug der Amerikaner vor 75 Jahren  noch so aus, als wäre das Ende bereits besiegelt.       


In der Nacht vom 23. zum 24. Juni 1948 tickerte der von der Sowjetunion lizensierte Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst (ADN) eine folgenschwere Meldung für die Bewohner der Westsektoren Berlins über das Fernschreibenetz. Infolge einer technischen Störung sie die sowjetische Militärverwaltung in Deutschlang gezwungen, den Passagier- Güterverkehr auf der Strecke Berlin-Heimstedt einzustellen. Damit war die Blockade Berlins besiegelt. Zudem schalteten die sowjetischen Militärbehörden die Kraftwerke ab, damit war der Bevölkerung buchstäblich das Licht ausgeblasen. Die für Berlin so tragische Situation stellte sich schon bald für viele Gilchinger als Glücksfall heraus. War der Flughafen Oberpfaffenhofen doch für die Berliner Luftbrücke in den Jahren 1948/49 eine lebensnotwendige Einrichtung, da auf dem Gelände der so genannte „Rosinenbomber“ gewartet, überholt und repariert wurde. Die am Flughafen bis 1947 beschäftigten rund 500 bis 600 Männer und Frauen aus Gilching bangten bereits um ihren Arbeitsplatz, da ein Großteil der US-Truppen sowie der US-Luftwaffe in die Heimat zurückkehrten und so auch die Wartung amerikanischer Kriegsflugzeuge eingestellt wurde. Da kam über Nacht die Wartung des „Rosinenbomber“ gerade recht.

Foto: aus Münchner Merkur/dpa – Berliner Kinder begrüßten freudig die Rosinenbomber, die unter anderem Schokolade, Kaugummi aber auch Rosinen an Bord hatten und diese via kleiner Fallschirme aus Taschentüchern der Amis losschickten…

„Glück auch für die Gilchinger, die ab Sommer 1948 bis in den Herbst 1949 hinein Teil einer Mannschaft mit weiteren über 2500 Beschäftigten waren, die nun von überall hergeholt wurden. Oberpfaffenhofen aber wurde einer der Hauptstützpunkt für die Wartung der Rosinenbomber“, hielt Rudi Schicht in seinen Gilchinger Chroniken fest. „Oft kreisten zehn und mehr Maschinen gleichzeitig in geringer Höhe über unser Gebiet. Die Menschen hier aber hatten für diesen fast unerträglichen Lärm, den sie Tag und Nacht ertragen mussten, Verständnis. Es war einfach eine andere Zeit.“ Am 12. Mai 1949 hatte die UdSSR die Berliner Blockade wieder aufgegeben. Im August vor 75 Jahren fanden die letzten Flüge über die Luftbrücke nach Berlin statt. Die Wartung des legendären Rosinenbombers wurde Anfang September 1949 eingestellt. Für die Gilchinger aber stand die bange Frage im Raum: Was geschieht nun mit den rund 500 Menschen aus Gilching, wenn es am Flugplatz keine Arbeit mehr gibt? Damals griff auch der Münchner Merkur das Thema auf.

Am 3. September 1949 titelte der Münchner Merkur: „Die Amerikaner ziehen ab – Rund 500 Gilchinger werden arbeitslos.“

In dem ausführlichen Artikel wird unter anderem auf die positive Entwicklung durch die Anwesenheit der Amerikaner verwiesen:
Der Flugplatz Oberpfaffenhofen hat Gilching seit Jahren ein besonderes Gepräge gegeben. Parkende amerikanische Fahrzeuge an den Straßenrändern, einherwandelnde GIs mit nylonbestrümpften Mädchen und ein Klubhaus, hinter dessen leuchtender Fassade bei „Be-bop“, Boogie-Woogie und Samba-Takten wahrhaftig kein Mangel an Rhythmus herrscht – das gehörte bald ebenso zum Gesamtbild der Gemeinde wie die Ochsen- und Pferdewagen. Gilchings Bürger haben sich daran gewöhnt. Und heute, da die Auflösung des Fliegerhorstes vor der Türe steht, sehen sie gleichsam mit nur einem kleinen lachenden und einem großen weinenden Auge der kommenden Entwicklung entgegen. Arbeitsgelegenheiten innerhalb der Gemeinde, die so gut wie gar keine größeren Betriebe besitzt, gibt es nicht. Auch nicht in der näheren Umgebung. Also, sind die Chancen für jene 500 gering. Sie werden vorderhand wohl oder übel, bis auf wenige Ausnahmen, zu Arbeitslosen-Unterstützungsempfängern werden. Was sich nicht nur auf den persönlichen Lebensstandard, sondern auch merklich auf den Wohlstand der Gemeinde auswirken wird.


Aktuell: Auf rund 55 000 Quadratmetern haben sich mittlerweile im so genannten ASTO-Park (Gilching) rund 80 Unternehmen mit rund 4000 Mitarbeitern angesiedelt, dazu kommen weitere 4000 Mitarbeiter in Firmen auf dem Gelände des Flughafens Oberpfaffenhofen, der zur Gemeinde Weßling gehört.
Uli Singer               

Uli Singer

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