Pilsensee mit Palmenlandschaft und Deko-Gemsen
Zur Aufwertung des Fremdenverkehrs eine Illusion unter einer Glaskuppel
Was wäre, wenn?“, fragen sich heute noch so manche Einheimische, wenn sie verträumt auf den Pilsensee rausschauen. Ja, was wäre, wenn sich vor gut 60 Jahren das Münchner Planungsbüro für Freizeitgestaltung ausgetobt hätte. Repräsentant war damals Guido Baumann, bekannt durch Robert Lembkes Ratespiel „Was bin ich?“. Baumann und das Planungsbüro hatten ernsthaft die Idee, direkt am idyllisch gelegenen Pilsensee-Ufer auf einer Fläche von rund 45.000 Quadratmetern ein Freizeit- und Erholungsgelände zu errichten.
Zeitzeuge dieser ungewöhnlichen Planungen war damals Helmut Schwarz aus Seefelds Ortsteil Hechendorf, im Juli 2018 im Alter von 72 Jahren viel zu früh verstorben. Er war nicht nur ein in Bayern gefragter Liftmaler, sondern hat auch so manch‘ wahre und heitere Geschichten in seinem Buch „Erinnerungen an meine Heimat – von 1948 bis 1956“ schriftlich wie auch in Illustrationen festgehalten.
„Der favorisierte Standort war am Beginn des Aubachweges“, erklärt Schwarz in seinem Buch, das anno 2008 erschienen ist. „Die Planer stellten sich große Liegeflächen mit Palmenbestand vor, viel Gastronomie, eine Seebühne und eine Tiefgarage. Seitwärts davon hätte links gerade noch das Schloss Seefeld und rechts des geplanten Freizeittempels die Hechendorfer Kirche hervorgespitzt. Der freie Blick aber über den Pilsensee mit dem Herrschinger Moos und das Kloster Andechs auf dem Höhenrücken wäre durch hoch aufragende Palmenbestände, künstliche Felsen, die man mit Dekorations-Gemsen bestückt hätte, verdeckt gewesen. Nachts, so die Vorstellungen der damaligen Investoren, waren auf der Seebühne folkloristische und komödiantische Darbietungen geplant sowie etliche Verkaufsstände unterschiedlichster Verköstigungen.“ Die Illusion der Planer, mit der damals auch Werbung gemacht wurde: „Unter weit ausladenden Palmen legt sich der müde Gast wie in einer Oase auf fest ausgelegten Handtüchern zur Ruhe und genießt die Höhensonne, die ihrerseits langsam auf einer Schiene über die Himmelskuppe fährt.“
Seinerzeit sei auch der damalige Landrat Rudi Widmann (FDP – * 17. September 1929 in Starnberg; † 14. April 2000 ebenda) hinter dem Plänen gestanden, wusste Schwarz. „Grauenhaft!“ Wäre es nach den Investoren gegangen, hätten täglich 10.000 Gäste dafür gesorgt, die in die Millionen gehenden Investitionskosten wieder hereinzubringen. „Das hätte gerade noch gefehlt, dass die unser romantisches Aubachtal unter eine gigantische Glaskuppel gepackt hätten.“
Bürgerproteste und letztendlich auch das fehlende Geld verhinderten damals das Projekt. „Gott sei Dank wurde nichts daraus. Das Aubachtal wäre versaut gewesen“, war Schwarz überzeugt. Und er wußte, das Gefahr droht, indem „…möglich, dass heute noch, hätten wir es nicht verhindert, eine Bauruine von den hochtrabenden Plänen zeugen würde, weil den Investoren schon während der Bauphase das Geld ausgegangen wäre oder einfach nur das Besucherinteresse nicht den Vorstellungen der Planer entsprochen hätte“. Und so blieben die Ortschaften rund um den Pilsensee bis heute vorwiegend ländlich geprägt und locken auch ohne Palmen und Deko-Gemsen zahlreiche Besucher an.