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Lang, lang ist’s her – Oben ohne und Porno-Filme im Café Waldeck

Das Café Waldeck galt als einmalig - Gäste kamen von weither

Gilching – Durch die Neu-Verpachtung des ehemaligen „Zagreb“ an der Landsberger Straße in Gilching werden bei den älteren Bewohnern Gilchings und Weßlings wieder Erinnerungen an das einstige „Café Waldeck“ wach. Erst viel später wurde es durch den damaligen jugoslawischen Pächter in „Zagreb“ umgetauft.


Laut Ortschronik aus der Feder von Rudi Schicht wurde das „Café Waldeck“ erstmals in der Gemeinderatssitzung vom 24.08.1930 behandelt. Im Protokoll zur Sitzung heißt es: „Gesuch des Herrn Hechtl um die Erlaubnis zum Betrieb einer Kaffeewirtschaft mit Bierausschank: Die Bedürfnisfrage wird verneint, da bereits in der Kolonie Neugilching 1 Gastwirtschaft und 3 Flaschenbiergeschäfte sich befinden.“ Schon wenige Wochen später stand das Projekt erneut auf der Tagesordnung: „Am 25. September 1930 stimmt der Gemeinderat der Errichtung eines Kaffeeausschankes mit Verabreichung alkoholfreier Getränke in dem neu zu erstellenden Wohnhaus in Neugilching durch Frau Hechtl zu.“ 1931 genehmigt der Gemeinderat auch den Bierausschank im Café Waldeck, das zwischen Bahngleis und Landsberger Straße – heute Nr. 48 – gebaut wurde.


Ins Café Waldeck zog das sündige Leben ein

Anfang der 70iger Jahre war das Café Waldeck beliebter Treffpunkt – nicht nur für Gäste aus Gilching. War es doch die einzige Lokalität in der Region, in der hübsche Frauen „oben ohne“ bedienten.

Doch nicht nur das. Im Gastraum liefen außerdem Porno-Filme – keineswegs jugendfrei. „Ich erinnere mich noch sehr gut an das Geräusch, wenn die Filmspule am Projektor getauscht wurde und alle waren gespannt, welcher Film als nächster eingelegt wird“, erzählt der heute 66Jährige Max Zwiebel (Name vorerst geändert – er überlegt noch, ob er die Geschichten unter seinem vollen Namen erzählen will).

Obwohl sehr jung, habe er damals schon einen VW-Bus besessen, erzählt Zwiebel. „Wenn wir am Samstag in der Gifthüttn in Steinebach abgefeiert haben und dort dicht gemacht wurde, fuhren wir alle nach Gilching ins Cafè Waldeck, weil dort bis drei Uhr morgens Betrieb war. Oft musste ich zweimal fahren, weil nicht alle Platz im Bus hatten.“ Nicht nur die Jungs aus der Gifthütte nutzten den Fahrdienst von Zwiebel, sonntags baten ihn auch die legendären Eishackler aus Weßling, sie alle rüber nach Gilching zum so genannten „Zipfe-Wirt“ oder aber auch „Café Hemd hoch“ zu fahren. „Unter diesen beiden Namen war das Waldeck weit über die Landkreisgrenze hinaus bekannt“, weiß Zwiebel. Das Publikum aber sei damals ziemlich gemischt gewesen. Neben den hoch angesehenen Gemeinderäten aus Weßling und Gilching trafen sich im Gilchinger Etablissement auch Typen aus dem Rotlicht-Milieu, Steuerberater, Richter oder aber auch mal der eine oder andere Geistliche. Stets unter dem Vorwand, missionarisch unterwegs zu sein. An was sich Zwiebel noch erinnert: „Das erste Getränk war immer ein Gedeck mit Bier und Schnaps. Ob man nun wollte oder nicht, ohne gab es auch keinen Eintritt.“ Dieses sündige Treiben hörte mit Übernahme eines neuen Besitzer und unter Federführung von „Zagreb“ auf.
Seit Mitte März heißt die Lokalität „Stube 48“ und lädt zu internationaler Küche ein.


Vor dem Waldeck gab es schon das Jägerheim mit Telefonzelle

Ach ja, nur der Ordnung halber. Das Café Waldeck war der zweite gastronomische Betrieb in der damals gerade entstehenden Waldkolonie in Neu-Gilching. Bereits Anfang der 20iger Jahre gab es bereits das Restaurant „Jägerheim“ an der Waldstraße 1/Ecke Landsberger Straße (Foto). Dessen Besitzer hatte 1927 Antrag zwecks „Errichtung einer gemeindlichen öffentlichen Telefonstelle in einem Nebenzimmer“ gestellt. Das Ratsgremium fand dies gut. Nun wurde Antrag bei der Reichspostdirektion gestellt und darum gebeten, „daß der Anschluss an die Umschaltstelle Planegg oder Fürstenfeldbruck gewährt“ werde. So entstand Gilchings erste öffentliche Telefonstelle in der so genannten Waldkolonie.



Uli Singer

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