Paul Linckes Großnichte „Tante Margot“ fühlt sich in Starnberg zuhause
Margot Lincke-Madersbachers Lieblings-Anekdote: "...und dann hat sie ihm eine geklebt."
Starnberg – Welch‘ ein Leben, welch‘ ein Werdegang. Die Rede ist von „Tante Margot“, wie sie liebevoll von Freunden genannt wird. Margot Lincke-Madersbach, die letzte lebende Verwandte des Operetten-Komponisten Paul Lincke. Unter anderem komponierte er die Operette „Tante Luna“, die im Juni im Deutschen Theater in München aufgeführt wird. Mit im Publikum in erster Reihe: Tante Margot, seine 98Jährige Großnichte.
Als Margot Lincke-Madersbach am 2. August 1925 in Berlin geboren wurde, war ihr Großonkel Paul Lincke bereits 59 Jahre alt. Dennoch hatte sie ihn noch bewusst miterlebt, durfte ihm als Kind stets Blumensträuße nach erfolgreichen Premieren überreichen und ab den 70iger Jahren auch als Vorsitzende der Erbengemeinschaft Paul Lincke (1866 – 1946) seinen Nachlass verwalten.
Für die gelernte Buchhalterin war die Bühne, wie auch das musikalische Wirken ihres Großonkels, der Inbegriff ihres eigenen Lebens. Weshalb sie auch im alten Friedrichstadt-Palast sowie im Apollo-Theater stets Stammgast war. „Ich bin immer sehr gerne hinter die Bühne gegangen, um den Duft von Puder einzuatmen“, erinnert sich die heute 98Jährige. Bis zum Jahr 2021 lebte sie noch eigenständig in ihrer Berliner Wohnung. Dann nahm sie das Angebot ihres Patensohnes Achim Sosna an, zu ihm und seiner Ehefrau Ria nach Starnberg zu ziehen. „Etappenweise haben wir Tante Margot an den Umzug herangeführt“, betont der 76Jährige ehemalige Sozialarbeiter im Jugendamt Starnberg. „Bis sie gesagt hat, da gefällt es mir und da bleibe ich jetzt.“ Tante Margot überlegt, nickt mit dem Kopf und versichert. „Der Umzug war ungewohnt, aber es ist mir nicht schwergefallen. Ich fühle mich super hier.“
Kein Wunder. Versucht man doch im Hause Sosna, Tanta Margot den Lebensabend so abwechslungsreich und schön als möglich zu gestalten. Wozu regelmäßige Ausflüge und Kurz-Urlaube in ganz Europa gehören, Konzert- und Theaterbesuche sowie das abendliche Vorlesen von Geschichten quer durch den Gemüsegarten durch Patensohn Achim. Ach ja, und als Ehrengast gehört Tante Margot natürlich auch dazu, wenn jährlich in Hahnenklee bei Goßlar der Paul-Lincke-Ring an einen Künstler verliehen wird. In Hahnenklee ist Paul Lincke 80Jährige verstorben und liegt dort auch begraben.
Auch wenn es den Anschein hat, Margot Lincke-Madersbacher versinkt während des Interviews immer wieder in eine Zeit, in der Paul Linckes Lieder – „Das ist die Berliner Luft“, „Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe, Liebe“ oder „Die Männer sind alle Verbrecher“ – viel und überall gesungen wurden, frägt man sie nach dem Leben ihres Großonkels, ist sie hellwach: „Mein Onkel sah einfach blendend aus. Er gehörte auch zu den zehn bestgekleideten Männern Berlins. Die Frauen standen Schlange“, schwärmt sie. Und dann erzählt Tante Margot ihre Lieblings-Anekdote: „Als mein Onkel einmal ein längeres Engagement im Varieté Folies Bergére in Paris hatte, reiste ihm seine Frau Anna nach, weil sie von einem Techtelmechtel gehört hatte. Sie ging in sein Konzert und nach dem Auftritt stürmte sie die Bühne und klebte meinem Onkel eine.“ Die Anekdote geht aber noch weiter. In einer Biografie ist nachzulesen, dass das Publikum nach der Ohrfeige vor Begeisterung tobte, weshalb der Theater-Direktor der Ehefrau Geld geboten hatte, wenn sie in Paris bleibe und Paul Lincke jeweils nach dem Konzert eine scheuere. Sie lehnte ab und ließ sich scheiden.
Autoren: Uli Singer/Recherche-Assistentin Anja Corbero
Der Startschuss für den Operettensommer des Deutschen Theaters startet sprichwörtlich mit einer Rakete und mit einem Flug zum Mond. An zwei Abenden (25. und 26. Juni 2024) wird mit Frau Luna eine mitreißende Operette von Paul Lincke in der Inszenierung des Landestheaters Detmold aufgeführt. Näheres dazu unter Frau Luna | Deutsches Theater München (deutsches-theater.de)