„Früher ist es halt viel gemütlicher zugegangen“, sagte einst Therese Schottenhamel
In Weßling erinnert eine kleine Gasse an die Familie Schottenhamel - die maßgeblich am Erfolg der Wiesn beteiligt ist
Bald heißt es wieder, „o’zapft is“. Dann strömen die Wiesn-Besucher zu Tausenden in die Zelte, um sich die eine der andere Maß oder auch mehr schmecken zu lassen. Eins der bekanntesten Zelte trägt den Namen der Familie „Schottenhamel“. Seit 1867 ist die berühmte Festwirtsfamilie auf dem Münchner Oktoberfest, das 1810 gegründet wurde, vertreten. Doch die wenigsten wissen, dass der Name Schottenhamel auch eng mit der Gemeinde Weßling verbunden ist.
Und das kam so. Michael Schottenhamel jun. lebte bis zu seinem Tod am 24. November 1968 am Weßlinger See. Sohn Hans, der ebenfalls in Weßling zu Hause war, starb 1993. Nach ihm ist auch das Hans-Schottenhamel-Gasserl in Weßling benannt, das von der Hauptstraße hinunter zum Weßlinger See führt.
Hans Schottenhamels Witwe Therese (Foto) aber lebte bis zu ihrem Tode im März 2018 in Weßling und freute sich bis ins hohe Alter von 96 Jahren bester Gesundheit. Und mit Freude erwartete sie auch bis zuletzt den Start des Oktoberfests. „D’Wiesn is einfach mei Leben“, hat sie immer gesagt. War sie doch bis 1987, so lange ihr Hans das Festzelt betrieb, immer mit dabei. „Aber nur hinter der Kulisse“ betonte sie. Und da habe sie sich auch nur um die Bier-Abrechnung gekümmert.
Gegründet wurde der Festzeltbetrieb Schottenhamel von Michael Schottenhamel sen. Er stellt anno 1867 erstmals auf dem Oktoberfest sein Zelt auf. Unruhige Zeiten herrschten damals. Im Jahr zuvor war die Wies’n wegen des 66er-Kriegs ausgefallen, 1870 fand sie wegen des 70iger Krieges nicht statt und 1873 fiel sie der Cholera zum Opfer. „Doch der Michel ließ sich nicht entmutigen“, ist im Festband anlässlich des 150jährigen Bestehens im Jahr 1960 nachzulesen.
Schottenhamels Bierbude fasste zur Gründerzeit rund 50 Personen. Als Beleuchtung gab es Talgkerzen und Petroleumlampen. 1896 aber expandierte Michael Schottenhamel, den Trend der Zeit frühzeitig erkannt. Als erster Wiesnwirt kaufte er ein Zelt, das Platz für 1500 Personen bot. Bei ihm trafen sich fortan der Adel, die Prominenz, die Bürgerschaft, aber auch die Studenten und Offiziere. Gestorben war Michael Schottenhamel I. anno 1912 beim Kartenspiel mit guten Freunden, „rüstig und rührig bis zum letzten Tag“.
Sein Sohn und Nachfolger war Michael Schottenhamel jun., der 1899 und 1927 zwei Anwesen am Weßlinger See erwarb. „Wer von den alten Weßlingern hat ihn nicht mehr vor Augen, wie er, etwas gebeugt über seinem Stock, mit kleinen, aber zielsicheren Schritten der Kirche zustrebte?“, schrieb Hans Porkert in der Chronik „Am Weßlinger See“.
Michael Schottenhamel selbst habe vom Bier trinken nicht viel gehalten, unter anderem auch deshalb, weil er sich in seiner Jugend als „erster bayerischer Radrennfahrer“ und Reiter sportlich betätigt hatte. 1962 erhielt Michael II. als erster Wiesnwirt den Bayerischen Verdienstorden verliehen. Am 24. November 1968 starb er; seine letzte Ruhestätte findet sich auf dem alten Münchner Friedhof. Dort ist auch Hans O. Schottenhamel begraben, der mit seinem Bruder Max speziell in der Nachkriegszeit den Schottenhamel wieder zu dem machte, was er einmal war. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute betreiben Peter und Christian Schottenhamel, Söhne von Hans und Max, das Festzelt. Eins vermisste Therese Schottenhamel schmerzlich: „Früher ist es halt viel gemütlicher zugegangen. Und die Auflagen waren auch nicht so streng“, sagte sie einmal in einem mit ihr geführten Gespräch.
Sie war es auch, die einmal von einem wahren Kuriosum berichtete. „Der Albert Einstein hat beim Michael Schottenhamel Ende des 19. Jahrhunderts das Elektrische mit verlegt“, erzählt sie. Wie? Doch nicht etwa der Albert Einstein, der das mit der Relativitätstheorie ausgetüftelt hat? Es stimmt tatsächlich. In einem Aufsatz über die Familie Schottenhamel ist nachzulesen: „Wer hätte es gedacht: schon seit 1867 ist die Familie Schottenhamel auf der Wiesn und damit das älteste Festzelt des Oktoberfestes. Fortschrittlich war man schon immer: im Schottenhamel gab es schon Elektrizität, als noch alle anderen Zelte mit Gas beleuchtet waren. Hier kabelte einst einmal Albert Einstein als Hilfselektriker, bevor es ihn zu bewegenderen Gedanken zog.“
Dass Albert Einstein als Lehrbub das Elektrische beim Schottenhamel mit verlegte, war alles andere als absurd. Am14. März 1879 in Ulm geboren zog er schon ein Jahr später mit seinen Eltern nach München. Vater Hermann und Onkel Jakob gründeten eine elektrochemische Fabrik, die „Einstein und Cie.“. Michael Schottenhamel wiederum hatte im Jahr 1888 das elektrische Licht eingeführt. In jenen Jahren hatte sich Albert Einstein bei den Schottenhamels als „Helfer fürs Elektrische“ ein paar Markln dazu verdient.
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