Ein frecher Kuss anno dazumal war auf der Wiesn ganz normal

Die Gelegenheit ist günstig, kurz mal in die 80iger Jahre zurück zu blicken. Anlass ist zum einen, dass der Münchner Merkur heuer im Oktober seinen 75sten Geburtstag feierte. Zweitens aber, dass gerade Millionen Menschen auf die Wiesn stürmen. Was das mit mir zu tun hat? Viel. Okay, ich kann noch keine 75 Jahre Merkur zurück blicken. Aber immerhin auf rund 45 Jahre, die ich mit einigen Jahren Unterbrechung – dazwischen eröffnete ich mit Bruno Jonas das Münchner Lustspielhaus – dem Verlag angehöre. Ich war sozusagen schon da, bevor noch Dr. Dirk Ippen 1982 den in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Zeitungsverlag, dem auch die TZ angehörte, übernommen und erfolgreich saniert hat.

Zu meinen Aufgaben gehörte es seinerzeit, mich um alles zu kümmern, was Oberbayern weit im Bereich Veranstaltungen lag. Also, Schafkopfturniere, Pressebälle, die Gewinner von Preisausschreiben zu ermitteln und sie bei Floßfahrten, Wiesnausflüge oder beim Besuch der Landshuter Hochzeit zu begleiten, das Rahmenprogramm für die Eröffnung der Ruderweltmeisterschaft in Oberschleißheim (damals hatte ich unter anderem den Söllner Hans zum Aufblasen von Luftballonen engagiert!) sowie die Sportlerehrung in der Olympiahalle etc. etc. zu organisieren. Foto: Aus TZ 16. Juni 1981

Damals hatte ich noch nichts mit Journalismus am Hut. Vielmehr war ich Mitarbeiterin in der Werbeabteilung Merkur/TZ im obersten Stockwerk des Verlagshauses an der Bayerstraße. Es war echt anstrengend, (während eines Schafkopf-Turniers im Salvatorkeller regte sich ein Spieler während einer Partie derart auf, dass er starb – dazu aber in einer nächsten Geschichte!), aber auch interessant und oft auch lustig. Warum ich heute auf die Wiesn zu schreiben komme? Weil ich mir dauern schon überlege, ob das Kuss-Foto heute noch veröffentlicht werden könnte, ohne dass der „Übeltäter“ mit Repressalien zu rechnen hätte. Ich war im Auftrag von Merkur/TZ anno 1980 mit rund 20 Gewinnern eines Preisrätsels zu Besuch auf der Wiesn – insgesamt vier Mal hintereinander. Selbstverständlich hatten wir eine eigene Box und einen hervorragenden Service. Und die Stimmung war sauguad. Als Betreuerin einer immer lustiger werdenden Gesellschaft musste ich einerseits alles tun, den Gästen der Zeitung einen fröhlichen Tag zu bescheren, andererseits aber auch darauf achten, nicht zu sehr in Beschlag genommen zu werden. Eine Gradwanderung, zumal ich mir ja auch den einen oder anderen Schluck Bier beim Anstoßen genehmigen musste. Rückblickend möchte ich sagen, hervorragend gemeistert. Und auch ein unfreiwilliger Kuss, wie auf dem Foto, das in der Zeitung erschien, wurde damals nicht gleich auf die Sitten-Waagschale gelegt. Ich weiß zwar nicht, wie so ein Überfall heute gewertet wird, damals jedenfalls gehörte eine Wiesn-Kuss schon mal zu einem Wiesn-Besuch dazu!